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Du bezweifelst die Richtigkeit eines Arztzeugnisses?

In diesem Fall hast du als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber mehrere Möglichkeiten zur Überprüfung.

Die Antwort im Detail

Du bezweifelst die Richtigkeit eines Arztzeugnisses?

Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter meldet sich krank und belegt dies mithilfe eines Arztzeugnisses. Als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber zweifelst du jedoch an der Richtigkeit dieses Zeugnisses. In einem solchen Fall kannst du die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer zur Kontrolle bei einem von dir ausgewählten Vertrauensarzt anmelden und eine Zweitmeinung einholen.

Definition Vertrauensarzt/Vertrauensärztin

Bei der Vertrauensärztin oder beim Vertrauensarzt handelt es sich um eine fachlich geeignte Ärtzin oder einen fachlich geeigneten Arzt, der von der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber für die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer ausgesucht und auch bezahlt wird. Bei Bedarf kann es sich auch um eine Pschologin oder einen Psychologen handeln.

Aufgebot zur Vertrauensärztin oder zum Vertrauensarzt

Wenn die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber aufgrund von objektiven Anhaltspunkten die Richtigkeit eines Arztzeugnisses der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers bezweifelt, kann er diese oder diesen zu einem Vertrauensarzt schicken.
Dieses Recht steht Arbeitgebenden bereits aufgrund des Gesetzes zu. Trotzdem wird empfohlen, dieses Recht zusätzlich vertraglich zu vereinbaren.
Die Aufforderung an Arbeitnehmende, bei der Vertrauensärztin oder beim Vertrauensarzt zu erscheinen, sollte aber nicht schnell erfolgen. Nur wenn Zweifel am Arztzeugnis der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers oder auch generell an ihrer oder seiner Arbeitsunfähigkeit bestehen, ist eine solche Massnahme zweckmässig. Die Aufforderung darf nicht aus Schikane erfolgen.

Verweigerungsrecht von Arbeitnehmenden

Arbeitnehmende haben das Recht, die Untersuchung bei der Vertrauensärztin oder dem Vertrauensarzt zu verweigern, wenn trifftige Gründe vorliegen. Solche trifftigen Gründe liegen beispielsweise vor, wenn das Aufgebot die Persönlichkeit von Arbeitnehmenden verletzt (z. B. Schikane oder persönliche Feindschaft der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers mit der Vertrauensärztin oder dem Vertrauensarzt).
Wenn sich die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer weigert, der Aufforderung Folge zu leisten, ohne dass trifftige Gründe für die Weigerung vorliegen, kannst du sie oder ihn abmahnen und (nochmals) auffordern, innerhalb einer angemessenen Frist bei der Vertrauensärztin oder beim Vertrauensarzt zu erscheinen. Gleichzeitig kannst du androhen, dass sie oder er bei Weigerung ihren oder seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung verliert. Verweigert sie oder er darauf das Aufgebot weiterhin ohne trifftigen Grund, riskiert sie oder er, ihren oder seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung zu verlieren.
Es ist Sache der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers, zu beweisen, dass sie oder er arbeitsunfähig ist. Sofern die Zweifel der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers an der Richtigkeit des Arbeitszeugnisses begründet sind und die Arbeitsunfähigkeit auch sonst nicht belegt wird, gilt diese als unbewiesen. Eine Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers entfällt in diesem Fall.
Nach mehrmaliger Verwarnung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers kann bei Verweigerung eines gerechtfertigten Aufgebotes zur Vertrauensärztin oder zum Vertrauensarzt auch eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein.

Arbeitsrechtlicher Datenschutz nach Art. 328b OR

Die Vertrauensärztin oder der Vertrauensarzt darf für die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber nur solche Daten erheben, die für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit notwendig sind. Ein Beispiel dafür ist die Dauer und der Grad der Arbeitsunfähigkeit. Eine Diagnose darf nicht gestellt werden. Ohne Einwilligung der Arbeitnehmenden darf die Vertrauensärztin oder der Vertrauensarzt den Arbeitgebenden weder medizinische Informationen zur Art der Krankheit oder des Unfalls bekanntgeben, noch ein Arztzeugnis aushändigen, da auch die Vertrauensärztin oder der Vertrauensarzt dem Arztgeheimnis untersteht. Dass die Arbeitgebende oder der Arbeitgeber die Vertrauensärztin oder den Vertrauensarzt bezahlt, ändert daran nichts. 
Wenn die Arbeitnehmende oder der Arbeitnehmer sich von der Vetrauensärztin oder vom Vertrauensarzt untersuchen lässt, wird dies als stillschweigende Einwilligung angesehen, dass der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber auch ein Arztzeugnis übermittelt werden darf.

Widersprechende Befunde

Das Arztzeugnis der Arbeitnehmenden ist nur eine von mehreren Möglichkeiten, eine Arbeitsunfähigkeit zu belegen. Sofern das Arztzeugnis der Vertrauensärztin oder des Vertrauensarztes einen widersprechenden Befund zum Arztzeugnis der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers widergibt, stellt sich die Frage, welchem der beiden Arztzeugnisse grössere Glaubwürdigkeit zukommt.
Dabei sind der Ruf und das Fachwissen der untersuchenden Ärztin bzw. des untersuchenden Arztes, die Dauer und Tiefe der Untersuchung, die Anzahl untersuchender Ärztinnen bzw. Ärzte oder auch Spezialisten etc. von Bedeutung.
Je nach Einzelfall können auch weitere Beweismittel wie Zeugenaussagen oder auch Fotoaufnahmen als Beweis zugelassen werden.

Unfall- und Krankenversicherung

Arbeitnehmende sind obligatorisch bei einer Unfall- und oftmals auch bei einer Krankentaggeldversicherung versichert. Diese Versicherungen werden häufig selbst aktiv, um in begründeten Einzelfällen Arbeitnehmende aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung zur Vertrauensärztin oder zum Vertrauensarzt aufzubieten. Es empfiehlt sich, das Vorgehen mit der entsprechenden Versicherung abzusprechen.

Hier findest du eine Mustervorlage für eine solche Vereinbarung.

Wichtige Dokumente
Vorlage Aufgebot zur vertrauensärztlichen Untersuchung